Bundeshaus

Neues aus der Gesundheitspolitik

02. September 2025

Das Gesundheitswesen beschäftigt die Schweizer Politik stark. Als führende Gesundheitsgrossistin der Schweiz verfolgen wir die aktuellen Entwicklungen genau. Hier finden Sie die wichtigsten Geschäfte und Entscheide in der Zusammenfassung.

Komplementärmedizin bleibt Teil der OKP

Quelle: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20233511

Mit der Motion Komplementärmedizin. Wahlmöglichkeit in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung vorsehen wurde der Bundesrat beauftragt, eine Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) vorzulegen, die vorsieht, dass die Übernahme der Kosten von komplementärmedizinischen Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) optional ist. Damit sollte den Versicherten ermöglicht werden, komplementärmedizinische Leistungen aus der OKP auszuschliessen. Den Versicherten, die dies wünschen, könnten sich alternativmedizinische Behandlungen nicht mehr rückerstatten zu lassen, im Gegenzug müssten sie sich auch nicht mehr an der Finanzierung dieser Methoden beteiligen.

Nachdem der Nationalrat die Motion im Herbst 2024 knapp angenommen hatte, lehnt der Ständerat diese ab.

Transparente Preise und erleichterte Zulassung für patentabgelaufene Medikamente: zwei weitere Anliegen mit Ja im Erstrat

Quelle:
https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20244230
https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20234535
https://pharmasuisse.org/system/files/media/documents/2024-02/Fr%C3%BChjahrssession2024_Empfehlungen%20phS_de.pdf

Anbietern von Arzneimitteln ist es aktuell untersagt, konkrete Netto-Preise für verschreibungspflichtige Produkte auf ihrer Homepage zu publizieren. Dies, weil Swissmedic die Bekanntgabe von Rabatten bei rezeptpflichtigen Medikamenten als Publikumswerbung interpretiert, obwohl dies nicht gesetzlich festgeschrieben ist. Deshalb verlangt die Motion Es braucht transparente Preise und keine Preisbekanntgabeverbote für Kundinnen und Kunden von Apotheken, damit die Gesundheitskosten reduziert werden können vom Bundesrat, bestehende Regulierungen so anzupassen, dass Kundinnen und Kunden sich über konkrete Preise inklusive Rabatte und günstigere gleichwertige Medikamente informieren können, beispielsweise über Produktvergleiche nach Indikationen / nach Krankheitsbildern und Beschwerden, nach Dosisstärken und Packungsgrössen etc. Das Geschäft wurde vom Nationalrat angenommen und liegt nun dem Ständerat vor.

Im Ständerat angenommen und dem Nationalrat übergeben wurde die Motion Erleichterte Zulassung für patentabgelaufene Medikamente von Hannes Germann. Diese fordert, dass patentabgelaufene Medikamente aus Ländern mit vergleichbar strengen Zulassungsbehörden und -verfahren (z.B. Australien, EU, Kanada, UK und USA) wie die Schweiz mit einer einfachen Registrierung bei Swissmedic ohne Zulassungsprüfung importiert werden dürfen. Der Bundesrat hat die Ablehnung der Motion beantragt. Der Apothekenverband pharmaSuisse sprach sich in seiner Stellungnahme ebenfalls gegen die Motion aus, da durch die Annahme Generika aus der EU ohne umfassende Prüfung auf den Markt kommen könnten. Ebenso signalisiere die Gesetzesanpassung, dass Qualitätsprüfungen vernachlässigt werden können. Der Ständerat hat die Motion im Frühjahr 2025 angenommen, sie liegt nun dem Nationalrat vor.

Auflösung des Territorialitätsprinzips: Medizinprodukte und Arzneimittel aus dem Ausland sollen durch die OKP vergütet werden

Quelle:
https://www.bag.admin.ch/de/kvg-anderung-zum-bezug-von-mitteln-und-gegenstaenden-im-ewr
https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20234177

Leistungen der OKP werden grundsätzlich nur für in der Schweiz erbrachte medizinische Behandlungen und bezogene Mittel und Gegenstände übernommen. Ausnahmen gelten etwa für Notfallbehandlungen im Ausland oder wenn eine Behandlung in der Schweiz nicht verfügbar ist. Ziel dieses Territorialitätsprinzips ist es, die Qualität und Sicherheit der medizinischen Versorgung zu gewährleisten und die Kontrolle über die Kostenstruktur zu behalten. Die Motion Medikamentenpreise. Vergütung von im Ausland gekauften günstigen Medikamenten oder Hilfsmitteln durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung nach KVG, um die Preise und Kosten zu senken verlangt nun, dass die obligatorische Krankenpflegeversicherung Medikamente und Hilfsmittel vergütet, die von Privatpersonen im Ausland gekauft – nicht versendet – wurden. Das Medikament oder das Hilfsmittel muss jedoch in der Schweiz zugelassen sein und durch einen in der Schweiz zugelassenen und praktizierenden Arzt verordnet werden. Ausserdem muss das im Ausland gekaufte Medikament oder Hilfsmittel günstiger sein als dasselbe Medikament oder Hilfsmittel in der Schweiz. Der Bundesrat hat nun eine KVG-Änderung zum Bezug von Mitteln und Gegenständen im EWR vorgeschlagen. Diese sieht vor, dass die obligatorische Krankenversicherung (OKP) künftig die Kosten von bestimmten medizinischen Mitteln und Gegenständen übernimmt, die Versicherte im Europäischen Wirtschaftsraum privat einkaufen. Mit der Kostenübernahme der im Ausland bezogenen Produkte können die Kosten für Mittel und Gegenstände zulasten der OKP gedämpft und der Wettbewerb gefördert werden.

Die Aufweichung des Territorialitätsprinzips wird jedoch auch kritisch gesehen, so unter anderem vom Schweizerischen Apothekenverband pharmaSuisse.

Bund plant Serialisierung von Medikamenten in der Schweiz

Quelle:
https://www.fedlex.admin.ch/filestore/fedlex.data.admin.ch/eli/dl/proj/2025/13/cons_1/doc_3/de/pdf-a/fedlex-data-admin-ch-eli-dl-proj-2025-13-cons_1-doc_3-de-pdf-a.pdf

Der Bundesrat hat eine Verordnung in die Vernehmlassung gegeben, welche die Umsetzung von Artikel 17a des Heilmittelgesetzes (HMG) konkretisiert und die obligatorische Anbringung und Überprüfung von individuellen Erkennungsmerkmalen und Sicherheitsvorrichtungen auf der Verpackung von Humanarzneimitteln regelt. Ziel ist es, gefälschte Arzneimittel in der legalen Vertriebskette frühzeitig zu erkennen und die Arzneimittelsicherheit weiter zu erhöhen. Die Verordnung orientiert sich stark an den Vorgaben der EU (Falsified Medicines Directive, Delegierte Verordnung 2016/161), berücksichtigt dabei jedoch die spezifischen Gegebenheiten in der Schweiz.

Die Verordnung verpflichtet Pharmaunternehmen dazu, ihre Verpackungen mit einem individuellen Erkennungsmerkmal (bestehend aus Produktcode und Seriennummer) sowie einer Sicherheitsvorrichtung zu versehen. Diese Daten werden in einem standardisierten Datamatrix-Code verschlüsselt und zusätzlich in menschenlesbarer Form aufgedruckt. Importierte Arzneimittel müssen – sofern nötig – mit einem neuen schweizerischen Code versehen und korrekt ins nationale System eingebunden werden. Zur Prüfung und Verwaltung der Echtheit der Arzneimittel wird ein zentrales Datenbanksystem betrieben, das unter Aufsicht des Bundesamts für Gesundheit (BAG) steht. Alle Beteiligten – Pharmaunternehmen, Grossisten, Apotheken, selbstdispensierende Arztpraxen – sind verpflichtet, sich zu registrieren, Daten einzupflegen und Erkennungsmerkmale zu überprüfen und zu deaktivieren. Dies hat bedeutende Auswirkungen für die betroffenen Akteure.

Für Arztpraxen und Apotheken bedeutet die Einführung dieser Massnahmen erhebliche Investitionen in IT-Infrastruktur, Softwareanpassungen und Schulungen. Gerade kleinere oder weniger digitalisierte Praxen sehen sich mit einem unverhältnismässig hohen organisatorischen Aufwand konfrontiert. Die Integration in den Apothekenalltag führt zu längeren Abläufen bei der Medikamentenabgabe und kann die Arbeitsprozesse verkomplizieren.

Pharmaunternehmen, insbesondere solche mit rein lokalem Fokus, müssen ihre Produktionslinien anpassen, Verpackungssysteme umstellen und neue Prozesse für das Datenmanagement etablieren. Die damit verbundenen Kosten sind erheblich – und für kleinere Anbieter unter Umständen nicht tragbar. Bei wirtschaftlich wenig attraktiven Produkten besteht die Gefahr eines Marktrückzugs, was wiederum die Versorgungssicherheit gefährdet.

Grosshändler wie Galexis tragen ebenfalls einen nicht zu unterschätzenden Mehraufwand. Die Pflicht zur Deaktivierung, Überprüfung oder Reaktivierung von Erkennungsmerkmalen – etwa bei Exporten, Retouren oder der Abgabe an spezielle Berufsgruppen – verlangt zusätzliche Systeme und logistische Anpassungen. Die damit verbundenen Investitionen und Prozessanpassungen verursachen laufende Mehrkosten.

Während die Massnahmen in der EU durch konkrete Fälschungsvorfälle motiviert wurden, ist das Fälschungsrisiko in der Schweiz über die legale Vertriebskette bislang sehr gering. Die vorliegende Regulierung zielt daher weniger auf die unmittelbare Gefahrenabwehr als vielmehr auf die internationale Harmonisierung und die Nutzung bereits bestehender Infrastrukturen. Die Kosten-Nutzen-Bilanz fällt deshalb je nach Akteursgruppe unterschiedlich aus: Während exportorientierte Unternehmen von bestehenden Systemen profitieren können, entstehen für lokal agierende Akteure erhebliche Zusatzkosten. Um die Belastung etwas abzufedern, wurde eine Übergangsfrist festgelegt. Innerhalb dieser Zeit müssen alle Akteure ihre Prozesse anpassen und sich im Datenbanksystem registrieren.

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